Dank PoB Weltmeister vollverschalte Liegeräder an der WM 2015 in Maasmechelen (BE)

Unverhofft kommt oft...

Selten bin ich mit weniger Ambitionen an eine HPV-WM gefahren als dieses Jahr nach Maasmechelen (Belgien) vom 21.8. bis 23.8.2015. Wegen uneinholbarem Trainingsrückstand musste ich ja schon die Teilnahme am DEKRA-Rekordwochenende absagen. Die Saison war eigentlich schon abgehakt. Dass es zum Titel Liegeradweltmeister, vollverschalte 2015 reichen würde, hatte niemand erwartet. Es war sozusagen eine Aneinanderreihung glücklicher Umstände...

Die Anreise

Michael, Anna Mai und ich nahmen am Donnerstagmorgen mit 3 sehr unterschiedlichen Liegerädern (Merlin, Peregrin, PoB) im Laderaum die ca. 630 km lange Reise nach Belgien unter die Räder. Zürich - Heidelberg war problemlos, danach verlangten diverse Baustellen Geduld. An Koblenz und Aachen vorbei gings der Grenze entgegen. Unser Reiseziel, ein nettes B&B mit Namen Don Genaro, erreichten wir schliesslich am frühen Abend, was uns Gelegenheit gab, im wohl zauberhaftesten Restaurant von Belgien dem Feuille d'or / Litzberg umgeben von alten Bäumen gediegen zu tafeln.

Am nächsten morgen fuhren wir nach ausgiebigem Frühstück motorisiert der Maas entlang zum Sportzentrum von Maasmechelen. Im grosszügig angelegten Fahrerlager trafen wir sogleich Sandro, Dagmar und Sarah und suchten uns einen schattigen Platz, um unsere Fahrzeuge in Ruhe vorzubereiten.

200 m-Sprint (Freitag, 21.08.2015)

Die Strecke war windgeschützt und ich kannte das Profil und die geforderte Geschwindigkeit. Sandro gab mir vor der 500 Meter-Marke ein unnmissverständliches Zeichen, endlich voll abzudrücken, was mir letzttlich die Bestzeit rettete!

Ergebnis: 1. Rang, 83.7 km/h
[Leistung: ca. 575 Watt die letzten 30 Sekunden]

100 km (Samstag, 22.08.2015)

Zum Glück hatte ich den Reifendruck im Vorderrad nochmals überprüft und von 6 auf 8.5 bar aufgepumpt (ein Snakebite wäre wohl die Folge gewesen). Strecke und Kurven waren besichtigt, doch Ymte entwischte von mir unbemerkt gleich beim Start. Von Daniel war zuerst nichts zu sehen... und ja, ich bin nicht alles Volldampf gefahren, sondern konnte mich an Rischar und Werner orientieren.

Ergebnis: 2. Rang, 49.48km/h
[Leistung nach SRM: 292 Watt (ohne Nullstellen), Durchschnitt: 198 Watt, normalisierte Leistung: 215 Watt]

 

Stundenrennen (Sonntag, 23.08.2015)

Eine spannende Strecke, mit engen Kurven, Schlaglöchern und Rillen. Mehrspurer VM dürfen in Kurven driften. Beim Einspurer herrscht im Grenzbereich (würde sich beim PoB auf gutem Belag durch Stottern ankündigen) immer Sturzgefahr. Habe mich noch mit dem Peregrin warmgefahren, einige Sprintübungen gemacht, und mich diesmal mit dem PoB ganz vorne eingereiht. Der Start gelang einwandfrei: zweiter oben in der Kurve. Auf der Strecke war gegenüber den DFs nur in der Sektion Zielkurve - Steigung - Abfahrt Zeit gutzumachen. Die Kurven musste ich vorsichtiger fahren. Trotzdem stürzte ich in der vorletzen vor dem Ziel, weil jemand mit Reifendefekt stehengeblieben war. Ich konnte zwar ausweichen, kippte aber. Ein französischsprechender "Gegner" auf Liegerad und eine Zuschauerin (Merci beaucoup, vielen, Dank!) stellten mich genau nach meinen Anweisungen - endlich weiss ich wozu ich französisch gelernt habe - wieder auf die Räder, und ich konnte, ohne die Haube zu öffnen, nach kurzer Zeit wieder weiterfahren. Ymte hatte ich definitiv verloren und Daniel Fenn war eben mit Rundenvorsprung an mir vorbeigebraust. Sandro (früher Motocross-Crack und Mountainbike-Fahrer) hatte mir signalisiert (fünf Finger rechte Hand), dass ich auf Position 5 abgerutscht war, mahnte aber zur Vorsicht bei meiner Aufholjagd (Handfläche linke Hand leichter Abschwung). Werner und Richard holte ich in der Steigung und beim Beschleunigen ein. Gab es da noch irgendwelche anderen Fahrzeuge auf der Strecke. Ja: unglaublich schnelle Liegeräder, aber die hatte ich, weil nicht dem Beuteschema entsprechend, wohl allesamt ausgeblendet.

Ergebnis: 3. Rang vollverschalt, 44.06 km/h (Runde = 1.9 km)
[Leistung nach SRM: 323 Watt (ohne Nullstellen), Durchschnitt: 195 Watt, normalisierte Leistung: 215 Watt]

Das PoB Konzept scheint aufzugehen...

Schnelle, vollverschalte Liegeräder wie das PoB eignen sich nicht nur für Rekordfahrten, sondern können auch bei schwierigen Kriteriumsrennen erfolgreich eingesetzt werden, sofern sie entsprechend konstruiert sind (selbständiger Einstieg, genügend gute Sicht, Cabriodach, etc.).
Die Analyse der SRM-Leistungswerte zeigt: Auf 30-40% der Strecken habe ich nicht getreten, sondern konnte ausruhen oder war damit beschäftigt, Energie wegzubremsen. Zweifellos gibt es stärkere Motoren; dies zeigen die Messwerte. Mitentscheidend für den Erfolg war 1. das geringe Gewicht und 2. die hervorragende Aerodynamik (auch ohne Dach). Die Tatsache, dass ich das PoB nun schon seit 2010 bei Rennen und bei Rekordversuchen selbst lenke und dadurch sein Fahrverhalten kenne, entschied letztlich über Sieg oder Niederlage.

weitere Informationen zu den Rennen

Webseite der Organisatoren der WM 2015
Gesamtresultate aller Kategorien
Gesamtresultate als PDF (hinunterscrollen)
schöne Bilder und Rennberichte auf droplimits.com und ligfiets.net
Resultate auf Mylaps

Vielen Dank!

Grossen Anteil am Titel hat meine Familie, die mich das tun lässt, was mir neben ihr auch ganz wichtig ist: das Entwickeln von Human Powered Vehicles (HPV) und das Fahren von Rennen. -Merci villmaal!

Sandro möchte ich für sein gekonntes Coaching während den Rennen, Michi fürs gemeinschaftliche Fahren und Anna Mai für die Fotos danken.

Spezieller Dank gebührt den Organisatoren und ihren Helfern für dieses wunderschöne Rennwochenende und ihren unglaublichen Einsatz, den sie geleistet haben. Ich hoffe alle die langsamen, die schnellen und die ganz schnellen Konkurrenten mit vielen unterschiedlichen - alten und neuen HPVs - an der nächsten WM wiederzusehen.

Charles Henry, 30.08.2015