Bereifung für Liegeräder

Charles Henry, 2.7.2008, aktualisiert: 19.11.2010

reifensalat

Den "besten Pneu" gibt es nicht

Wer an einem Tag schon dreimal einen Platten hatte, mag sich wohl gewünscht haben, die Reifen wären aus Vollgummi. Dass dies allerdings keine Lösung ist, liegt auf der Hand. Nebst dem geringeren Gewicht sind luftgfüllte Pneus ein erheblicher Komfortfaktor. Sie sind bei richtigem Druck in der Lage, kleinste Unebenheiten zu schlucken, solche, die selbst eine teure Federgabel nicht auszugleichen vermag.

Ein guter Reifen sollte eine gute Haftung haben, pannenresistent sein, nur geringen Fahrwiderstand erzeugen, federleicht sein und tausende von Kilometern halten. All diese Eigenschaften gehen z.T. in ganz verschiedene Richtungen und lassen sich deshalb nicht in einem einzigen Reifen vereinen. Die Reifenindustrie hat in den letzten 10 Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, was dazu führte, dass heute jede(r) aus dutzenden Marken hunderte von guten Reifen auswählen kann. Doch welcher Reifen ist für welchen Einsatzzweck geeignet, welche Missverständnisse gibt es und welche Fehler gilt es unbedingt zu vermeiden, wenn man das Radfahren geniessen möchte?

Einige Begriffe Rund um Reifen

  • TPI: Threads per Inch
  • Pannenschutzschicht
  • Profilreifen oder Slicks?
  • Skinwall
  • Drahtreifen, Faltbarer Reifen
  • Talkum
  • Pneuhebel
  • Snakebyte
  • Gürtelreifen

Reifengrössen

Reifengrössen und deren Beschriftung sind eine Wissenschaft für sich. Fahrradreifen auf Wikipedia gibt Auskunft.

Pannensicherheit

  • Genügender Reifendruck schützt vor Snakebytes. Breite Reifen sind weniger anfällig.
  • Dicke Schläuche sind nicht weniger pannenanfällig wie dünne.
  • Zu kleine Schläuche sind pannenanfällig.
  • Reifen mit PU- oder Kavlar-Pannenschutzschicht können vor spitzen Gegenständen (Scherben, Nägeln) schützen.

Ein schneller Reifen

Faktoren, welche den Reifenrollwidwerstand (Rw) beeinflussen:

 Einflussfaktor  Gewicht  Kommentar
 Reifenmaterial  ++  gute, elastische Naturgummimischungen rollen leichter
 Reifenflanke  +++  Flanke wird stark gewalkt, deshalb sollte sie dünn sein
 Karkassengewebe  +  feine, elastische,Gewebe rollen meist besser
 Lauffläche  +++  dünne Laufflächen rollen besser. Grobes Profil erhöht Rw
 Pannenschutz  +++  dicke PU-Pannenschutzschichten erhöhen den Rw beträchtlich
 Reifenbreite  ++  breitere Reifen gleicher Bauart haben geringeren Rw 
 Radgösse  +  kleine Raddurchmesser rollen meist schlechter
 Felgenbreite  +  schmale Felgen erniedrigen Rw
 Schläuche  ++  dünne, genügend grosse Schläuche verringern Rw
 Temperatur  ++  Warme Strassentemperaturen verbessern Elastizität des Reifens
 Talkum  +  kann evtl. Reibung zwischen Schlauch und Reifen verringern

Tipps zur Reifenmontage

Folgendes Vorgehen bei der Reifenmontage hat sich bewährt:

  1. Felge mit Lappen und evtl. Alkohol reinigen. Dabei auf Verschleiss und Unebenheiten kontrollieren.
  2. Felgenband wenn nötig erneuern. (Stabiles Kunststoff- oder besser Textilband verwenden)
  3. Reifen von Hand einseitig über Felgenrand ziehen. (Bei Profilreifen Laufrichtung beachten.)
  4. Talkumpulver in Reifen geben und gleichmässig verteilen. Talkum nicht einatmen!
  5. Geigneten Schlauch mit Talkum einreiben, in Reifen einlegen, Ventil in Felge einführen und mit ganz wenig Luft füllen (so, dass er gerade nicht gedehnt wird. (dadurch wird verhindert, dass der Schlauch bei der Montage eingeklemmt wird.)
  6. Ventil etwas anheben und zweite Reifenflanke vom Ventil her soweit es geht von Hand symmetrisch in beide Richtungen über den Felgenrand heben. Wenn nötig mit breiten Reifenhebeln nachhelfen
  7. Reifen leicht pumpen, Rad drehen , um zu kontrollieren, dass der Reifen gleichmässig auf der Felge aufliegt. Es darf insbeondere keinen Hochschlag geben.
  8. Reifen auf angegeben Druck aufpumpen.

Der Reifen als Sicherheitsfaktor

Bei Passabfahrten erreichen Rennfahrer Geschwindigkeiten von über 100 km/h. Beim Bremsen entstehen so durch Reibung der Bremsen auf den Aluminiumfelgen Temperaturen von über 250°. Die 180g schweren Pneus werden aufs äusserste gefordert. Viele Rennfahrer bevorzugen deshalb für Passfahrten Collé-Reifen, bei denen der Pneu den Schlauch umfasst, und an der Felge angeklebt wird. Dadurch kann vermieden werden, dass bei einem Platten der Reifen von der Felge springt, was unweigerlich zum Sturz führen würde.

Mit Liegerädern erreichen auch Altagsradler bergab Geschwindigkeiten von 80 km/h und mehr, Grund also, sich einige Gedanken zur Sicherheit zu machen:

  • Reifen, bei denen auf der Lauffläche die Karkasse sichtbar ist, sind sofort zu ersetzen.
  • Reifen von Zeit zu Zeit auf Schnitte und Unregelmässigkeiten (z.B. Ausbuchtungen) untersuchen.
  • Wenn immer möglich neuen Ersatzschlauch ohne Flicken verwenden, da sich diese bei hohen Felgentemperaturen wieder ablösen können (vgl. ProVelo Artikel die wohltemperierte Felge)
  • Insbesondere bei dicken Reifen darf der angegebene Maximaldruck nicht überschritten werden, ansonsten man Gefahr läuft, die Felge zu zerstören.

406 die Reifengrösse fürs Liegerad

Viele Liegeräder verwenden vorne 20" Räder der Grösse 406. Oftmals lassen sich aus konstruktiven Gründen nur schmale Reifen montieren. Breitere Reifen haben sich im Alltag sehr bewährt, sind sie doch komfortabel, pannensicher, rollen leicht und suchen nicht jedes Strassenbahngeleise. Zudem reicht monatliches Pumpen und sie halten länger als ihre schlanken Kollegen. In diesem Sinne: FAT COMES FIRST:

Tioga Competition

Dieser 45 mm breite Slickreifen hat trotz seiner erstaunlich dicken Lauffläche, die als Pannenschutz wirkt, einen geringen Rollwiderstand. Die Bodenhaftung ist gut bei trockener Fahrbahn, etwas weniger gut bei nasser Fahrbahn. Mit 3 Bar gefahren ist er recht komfortabel.

  • Reifentyp: Drahtreifen
  • Masse: 45-406, 20x1.75
  • Einsatzbereich: Speed: 5* Grip: 4* Schutz: 3* Lebensdauer: 5* (Q: CH)
  • Gewicht:
  • Pannenschutz: keiner
  • Luftdruck: 3 bis 6 bar
  • Compound: unbekannt
  • Geeignete Schläuche: Schwalbe SV7C, extra light, 95 g (40-60 mm)
  • Preis: unbekannt

Eigene Eindrücke: Anfänglich verwendete ich den Tioga Competition, weil es praktisch keine anderen breiten 406-er Reifen gab. Gegenüber dem dünnen und anfälligen Conti GP war das ein grosser Fortschritt. Nach ca. 8000 km Laufleistung fing ich an einem Tag gleich drei Platten ein, weil er über keinen Pannenschutz verfügt und die Lauffläche schon dünn war.

Schwalbe Marathon Racer

Beim Schwalbe Marathon Racer kommt seit 2008 nur noch die schnelle Speedgrip Compound Gummimischung zum Einsatz. Die Produktion mit Qualifier Compound wurde eingestellt. Aufgrund seines leichten Profils eignet sich dieser Reifen auch für Feldwege, dürfte aber wegen seiner leichtgewichtigen Flanke etwas anfälliger auf Pannen sein (seitliche Schnitte und Risse).  Er ist sowohl als Draht- wie auch als Faltreifen erhältlich. Trotz zeitweisen Qualitätsproblemen (Blähungen der Karkasse) ist dieser schnelle Allroundreifen erste Wahl für Touren.

  • Reifentyp: Drahtreifen
  • Masse: 40-406, 20x1.5
  • Bewertung: Speed: 6* Grip: 5* Schutz: 4* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht: 370g
  • Luftdruck: 3.5 - 6.0 bar
  • Compound: Speedgrip
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV7C, extra light, 95 g (40-60 mm), Schwalbe SV6C, ???
  • Bemerkungen: Reflexstreifen
  • Art. No: Drahtreifen: 11115466
  • Preis: ca. 38.- SFr. (??)
  • Reifentyp: Faltreifen
  • Masse: 40-406, 20x1.5
  • Bewertung: Speed: 6* Grip: 5* Schutz: 4* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht: 330 g (selbst gewogen ca. 295 g )
  • Luftdruck: 3.5 - 6.0 bar
  • Compound: Speedgrip
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV7C, extra light, 95 g (40-60 mm)
  • Bemerkungen: Reflexstreifen 
  • Art. No: Faltreifen: 11615375
  • Preis: ca. 65.- SFr. (??)

Eigene Eindrücke: Nach dem Tioga entschloss ich mich 2006 den neuen 20" Schwalbe Marathon Racer Faltreifen zu montieren. Dieser etwas teurere Profilreifen ist relativ leicht, und schnell und trotzdem hatte ich noch keinen einzigen Plattfuss. Bei 4-5 bar Pneudruck bietet er ausreichend Komfort bei gutem Rollwiderstand. Nach über 6000 km musste er ersetzt werden. Nun muss ich mich wieder an das singende Laufgeräusch des neuen Reifens, der ein leichtes Profil besitzt, gewöhnen...Erste Wahl beim Peregrin.

Schwalbe Marathon Kojak

Der Name Kojak spielt wohl auf die glatte Lauffläche des Reifens an. Mit 35 mm Breite dürfte sich dieser Slickreifen für schnelle Fahrten auf Asphalt eignen, braucht aber auch gelegentliche trockene Waldwege nicht zu fürchten. Ab 2007 wurde die Produktion von Qualifier- auf  RaceCompound umgestellt. Es gibt in sowohl als Draht- als auch als Faltreifen:

  • Reifentyp: Drahtreifen 
  • Masse: 35-406, 20x1.35
  • Bewertung: Speed: 6* Grip: 4* Schutz: 4* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht ca. 285 g
  • Luftdruck: 4.0 - 6.5 bar
  • Compound: Speedgrip
  • Kosten: ca. 58.- SFr. ; ca. 32.90 Euro
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV6C, extra light, 60 g (28-40 mm)
  • Art. No: 11100063
  • Preis: ca. 45.- SFr. (??)
  • Reifentyp: Faltreifen 
  • Masse: 35-406, 20x1.35
  • Bewertung: Speed: 6* Grip: 4* Schutz: 4* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht ca. 230 g
  • Luftdruck: 4.0 - 6.5 bar
  • Compound: Speedgrip
  • Kosten: ca. 58.- SFr. ; ca. 32.90 Euro
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV6C, extra light, 60 g (28-40 mm)
  • Art. No: 11600046
  • Preis: ca. 65.- SFr. (??)

Eigene Eindrücke: Sehr komfortabler, schneller Reifen (erst seit Oktober 2010 auf Birk Comet im Einsatz)

Schwalbe Marathon Supreme

Der Marathon Supreme 2008 mit Skinwall Seitenflanke ist offiziell ein Tourenreifen mit viel Grip; aufgrund seiner Spezifikationen dürfte er sich allerdings auch für den Renneinsatz eignen.

  • Reifentyp: Faltreifen
  • Masse: 42-406, 20x1.60
  • Einsatzbereich: Speed: 5* Grip: 5* Schutz: 4* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: HighDensityGuard
  • Gewicht ca. 325 g
  • Luftdruck: 3.5 - 6.0 bar
  • Compound: RoadStar (zu beginn: Triple Nano Compound)
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV7C, extra light, 95 g (40-60 mm)
  • Art. No: 11600175
  • Preis: ca. ?? SFr.

Schwalbe Durano

Dieser schmale Reifen ist gemäss Hersteller für Rennen aber auch auf hohe Kilometerleistung ausgelegt. Als Draht oder als auch Faltreifen erhältlich.

  • Reifentyp: Drahtreifen
  • Masse: 28-406, 20x1.10
  • Einsatzbereich: Speed: 4* Grip: 5* Schutz: 4* Lebensdauer: 6*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht: Drahtreifen: 235 g
  • Luftdruck: 6 - 8 bar
  • Compound: Dual Compound (Performance Line)
  • Karkasse: 67 EPI
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV6C, extra light, 60 g (28 - 40 mm)
  • Art. No Schwalbe: Drahtreifen: 11100113
  • Preis: ca. ?? SFr. 
  • Reifentyp: Faltreifen
  • Masse: 28-406, 20x1.10
  • Einsatzbereich: Speed: 4* Grip: 5* Schutz: 4* Lebensdauer: 6*
  • Pannenschutz: RaceGuard
  • Gewicht: 190 g
  • Luftdruck: 6 - 8 bar
  • Compound: Dual Compound (Performance Line)
  • Karkasse: 67 EPI
  • geeignete Schläuche: Schwalbe SV6C, extra light, 60 g (28 - 40 mm)
  • Art. No Schwalbe: Faltreifen: 11600112  
  • Preis: ca. ?? SFr.

Conti Grand Prix

Der Aufbau dieses schmalen 406-er Reifens entspricht dem des grösseren Rennradreifens. Verwendung findet das Black Chilly Compound, welches exzellente trocken und nass Hafteigenschaften mit geringem Rollwiderstand vereint. Mit dem in die Jahre gekommenen Conti GP 28mm mit Skinwall hat er definitiv nichts mehr zu tun. http://www.conti-online.com/generator/www/de/de/continental/fahrrad/themen/rennrad/rennradreifen/grand_prix/grand_prix_de.html

  • Reifentyp: Faltreifen
  • Masse: 28-406, 20x1.1/8
  • Einsatzbereich: ?? Speed: 5* Grip: 6* Schutz: 5* Lebensdauer: 4*
  • Pannenschutz: Poly X Braker 
  • Gewicht: Drahtreifen: 235 g
  • Luftdruck: 6.5 - 8.5 bar
  • Compound: Black Chilly
  • Karkasse: 180 TPI
  • geeignete Schläuche: z.B. Schwalbe SV6C
  • Art. No Conti: Drahtreifen: 11100113
  • Preis: ca. ?? SFr.

Eigene Eindrücke: Den werden wir als nächstes testen!

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